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Fluch und Segen der Professionalisierung – vom Wert des Unfertigen, Alten oder Klassischen

Fluch und Segen der Professionalisierung. Der Trödelmarkt-Effekt oder warum es sinnvoll ist, bei aller Professionalisierung der Kreativität viele Freiräume zu verschaffen. Altes, Unfertiges oder Klassisches hat einen Wert, der jeder Professionalisierung entgegensteht. Wer schon einmal die glücklichen bis gierigen Augen von Trödelmarktjägern bei einem tollen Fund erlebt hat, der weiß was an dieser Stelle gemeint ist. Etwas, das nicht fertig ist, motiviert nicht selten Menschen dazu, weiterhin – oft gegen alle Widerstände – daran zu arbeiten. Aus der Sicht der Gestaltpsychologie würde man sagen, das Unfertige hat noch keine zu erkennende Figur, es will sozusagen vervollständigt werden. Altes wiederum kann recycelt oder anders verwendet werden.

Klassische Ideen sind zeitlos und werden sich genauso weiterhin durchsetzen, wie diese Idee schon immer in der Welt war. Es bedarf in einem solchen Fall keiner weiteren Professionalisierung oder Optimierung. Manchmal aber wird der Wert des fertig Bestehenden so enorm hoch eingeschätzt, dass fast alle daran zweifeln, dass es doch noch besser gehen könnte. Man spricht dann laut hörbar davon, man hätte das schon immer so gemacht hat, seit Jahrzehnten möglicherweise. Alles was perfekt läuft, sollte man so laufen lassen – meinen Sie nicht? Sie ahnen es, die „Wahrheit“ vom Nutzen der Professionalisierung und den Feinden des Guten liegt, wie so oft, zwischen den beiden Extremen es einfach so weiter laufen zu lassen und dem ständigen Streben nach (weiterer, scheinbarer, vermeintlicher) Perfektion.

Wichtiger Unterschied – eine neue Idee oder nur eine neue Variante?

Die Idee vom Sitzen auf einem Stuhl bedarf keiner Professionalisierung, wohl aber die vielen Varianten von Stühlen oder der daraus resultierenden gesunden oder ungesunden Sitzweisen. Die Idee, auf Reisen einen Übernachtungsplatz zu haben, bedarf keiner Optimierung – wohl aber die vielen Varianten der Vermittlung dieses Schlafplatzes. Der Unterschied ist wichtig. Wäre doch eine wirklich neue Idee tatsächlich in der Lage, einen eigenen neuen Markt zu schaffen. Während der xte neue Stuhl oder das nächste schöne Vermittlungsportal schlicht den Verdrängungswettbewerb entfachten und alte Stühle ersetzten oder bisherige Portale nachäffen.

Neuer Markt oder alter Wein in neuen Schläuchen?

Der eigentliche Fluch einer guten Idee ist ihre Perfektion, der Segen ist – ihre Perfektion! Unsere wachstumsorientierte Gesellschaft würde, wenn nicht zusammenbrechen, aber zumindest doch stark ins Trudeln geraten, wenn das perfekte Produkt ewig halten würde. Angesichts der geringen Nachhaltigkeit kann eine solche Vorgehensweise bei endlichen Ressourcen kaum sinnvoll sein. Kein Wunder also, dass Trödelmärkte regen Zuspruch haben, egal ob online oder in der Straße um die Ecke. Auch die meisten „neuen Ideen“ von Star-Ups sind bei genauer Betrachtung nur Varianten von bestehenden Geschäftsmodellen. Keine neuen Märkte, nur neue Varianten.

Vom Wert des Unfertigen, Alten oder Klassischen

Das Unfertige

Nicht selten werden unfertige Gegebenheiten oder Dinge als alternativ dargestellt. Sie bleiben so lange alternativlos, bis der Wert dieses noch nicht professionell „belegten“ Raumes, Platzes oder Clams als besonders hoch eingeschätzt wird. Das kann jeder an Baulücken oder Abrisshäusern in mancher Straße erkennen, die Monate später mit Eigentumswohnungen aufgefüllt sind. Inseln des Unaufgeräumten, oft auch Dreckecken, werden oft als Begleiterscheinung der Urbanisierung gesehen. Quasi ein Platz, der kreativ vermüllt sein kann, bis sich jemand mit Gewinnabsicht darum kümmert.

Das Alte und das Klassische

Das Wort Altstadt ist keineswegs ein Schimpfwort. Im Gegenteil, erwartet der Besucher oder Einwohner einer Altstadt doch eine ganz besondere Atmosphäre in einem solchen Stadtteil vorzufinden. Das Alte, in der Renaissance auch als das Antike gefeiert, ist frühere Perfektion.

Tageswandel in Organisationen und Unternehmen

Den Wandel im Unternehmen gestalten, so heißt es oft. Zunächst ist festzustellen, dass das Leben, ob in Organisationen oder Unternehmen, sich täglich wandelt. Es ist lebenseigen, dass wir in jeder Sekunde quasi ein neuer Mensch sind. Dieser Prozess ist allerdings nur sehr selten bewusst. Die Frage, wohin oder wofür wir uns wandeln sollen steht im Zentrum jeder Organisationsentwicklung in Unternehmen. Bleibt diese unbeantwortet, so wird das Fühlen der Menschen immer die klassischen Lösungen und Varianten bevorzugen. Veränderungen sind so kaum oder nur mit sehr hohem Ressourcenverbrauch zu ermöglichen, leider sind diese Art von Veränderungen kaum nachhaltig.

Das Alte UND das Neue im Jetzt leben, ist keine Herausforderung sondern … auch Achtsamkeit!Sven Lehmann

Wenn das Neue das Alte bleiben kann, dann ist das nicht Stillstand, sondern es ist höchst effizient. Auf diesem Grad von „So weiter wie bisher“ zu „wir müssen etwas anders machen“ ist in der Tat täglich zu wandeln. Und es ist eine Führungsaufgabe, für mich persönlich und auch für meine Mitarbeiter.

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Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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