PIK Leipzig – der öffentliche Berg
Zugegeben, wir befassen uns hier auf den Streuverlusten weniger mit dem Bergsteigen, viel mehr mit dem Erklimmen geistiger Gipfel, und das ist auch gut so. Nichtsdestotrotz ist es schon fast ein wenig Tradition, seit zwei Jahren immerhin, über das Geschehen rund um den höchsten Punkt Leipzigs zu berichten. Der Fokus liegt auf der interessanten Grundidee, nicht nur seinem Ego als Bergsteiger folgend sich den nächsten Berg vorzunehmen, sondern diesen eben nach seiner Heimatstadt zu benennen, wenn man schon mal der erste Mensch auf diesem Berg ist. Zwar sind die Motive der Erstbesteigung vor 25 Jahren weniger im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zu finden, aber der Kern des „PR-Falls PIK Leipzig“ läuft genau darauf hinaus. PIK Leipzig – der öffentliche Berg, nach 25 Jahren wieder eine erfolgreiche Besteigung, wenn auch nicht ganz ohne Hindernisse.
Am vierten November lud das Team der diesjährigen erfolgreichen Bergfahrt zum PIK Leipzig zu einem „Multivisionsvortrag“ in den Hörsaal 9 der Universität Leipzig ein.
Christian Vettermann begann die Einleitung mit den Worten: „Man müsse das heutzutage so nennen, sonst kommt niemand.“ – was nicht ganz zu glauben war, da nach meiner Schätzung zwischen 300 bis 350 Zuhörer den mit 450 Sitzplätzen nicht ganz kleinen Hörsaal füllten.
Zwischen Motivation, Stressbefragung und PR oder wenn der Berg zum Tanz mit dem nächsten Steinschlag auffordert
Was ist beim Bergsteigen interessant im Zusammenhang mit Unternehmensentwicklung oder PR? Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, die Antwort liegt aber in dem Spannungsfeld von grundlegender Motivation ein Ziel zu erreichen (in dem Fall den Gipfel) und dem Bemühen, das nicht ganz außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung zu tun. Ganz nebenbei geht es um Leistungsgrenzerleben. Ein Lebensumstand der vielen Menschen im mitteleuropäischen Alltag schlichtweg eher fern ist. Allerdings muss auch die Frage erlaubt sein, ob tatsächlich die Auseinandersetzung mit lebensgefährlichen selbst gewählten „Sportsituationen“ der einzige Weg zu Lebens- oder Leistungsgrenzerfahrungen und dem Überschreiten der solchen ist.
Berg als Stresslabor
Wie Menschen körperlich und mental in extremen Situationen reagieren, ist natürlich auch für die Wissenschaft von Interesse. So gesehen kann ein größerer Berg eben auch als natürliches Stresslabor dienen, wenn Menschen sich daran machen, hier ein Gipfelerlebnis zu erlangen. Bei der diesjährigen Expedition zum PIK Leipzig ist auch eine Forschungsfrage mitgefahren. Es ging unter anderem um ein lückenloses physiologisches Monitoring eines Menschen bis zum Gipfel, was auch das Tragen von extra Geräten beinhaltete, und um mehr Informationen der Auswirkungen von derartigen Grenzerfahrungen (auch Traumata) auf die menschliche Genetik, hier konkret der Epigenetik. Letztlich ging es um die Antwort auf die Frage: Welche Persönlichkeit haben Bergsteiger?
Der Berg(-steiger) als Tourismus-Motor?
Mittlerweile fragen die Einheimischen schon die PIK-Leipzig-Enthusiasten ob denn im nächsten Jahr wieder eine Gruppe auf den Berg unterwegs sein wird. Ob es sich dabei dann weiterhin um „nur“ sechs Bergsteiger handeln wird? Der PR-Effekt wirkt nun also langsam auch in die andere Richtung.
Leistungsmotivation und Gefahr
Uns interessiert hier auch und insbesondere die Motivation, mit der ein Mensch freiwillig sich derartigen Strapazen aussetzt. Bleibt es beim Bergsteigen ja immer noch bei einer zeitlich begrenzten Herausforderung, ist die Gründung oder die Führung eines Unternehmens oder komplexerer Strukturen eine „Dauerbelastung“. Ist das Gipfelerleben ein sagenhafter hormoneller Kick, geht dieser im Gestaltungsalltag von Unternehmen praktisch häufig verloren. Die Gefahren eines Steinschlages ist etwas sehr konkretes, die Gefahr unternehmerisch zu versagen ist etwas sehr diffuses. Interessant an den Berichten zur diesjährigen Expedition war tatsächlich die individuelle Leistungsfähigkeit der sechs Bergsteiger. Zwischen jugendlicher Kraft, erfahrener Technik und schlichtweg dem Erreichen der absoluten Energiegrenze war alles vorhanden. Leider gehen wir bei der Führung von Mitarbeiter auch heute noch zu wenig auf diese individuellen Möglichkeiten ein.
Von Rausch zu Rausch oder das kleine Glück?
Bemerkenswert fand ich die Aussage: Wenn ich dann oben auf dem Berg bin, will ich auch schnell wieder runter. Sinngemäß hat das C. Vettermann so formuliert, Student und relativ junger Mensch. Warum ist das bemerkenswert? Weil ich es für unsere heutige Zeit mehr als beispielhaft sehe. Es ist das generelle Streben nach dem nächsten Kick, die Kunst des Innehaltens, des mentalen Gipfelerlebens kommt immer weniger vor. Man könnte sagen, das (kleine) Glück ist der schnelle Kick.
PIK Leipzig – der öffentliche Berg
Es bleibt eine interessante PR-Geschichte, die des PIK Leipzigs, seiner Eintrag in die Landkarten dieser Welt, die Erstbesteigung 1989 und die Entwicklung zu einem fast schon öffentlichen 5000der des Pamirgebirges. Für mich kann ich sagen, kenne ich den PIK Leipzig nun aus Bildern, Berichten und Filmen schon sehr gut, besser als manch anderen Berg hier in unserer Region. Ohne die verwegene Idee von Ralf Brummer zu eigentlich noch tiefen DDR-Zeiten, wäre wohl die Stadt Leipzig um eine Attraktion ärmer. Wir dürfen gespannt sein, was es in Zukunft um den höchsten Gipfel Leipzigs noch zu berichten gibt, in der Zeit sei sei dazu aufgerufen, sich vielleicht auch dem einen oder anderen Alltagsgipfel zu bemächtigen.
Erfahren Sie die ganze Geschichte um den PIK Leipzig:
Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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