WORK-LIFE-BALANCE 4.0 ist … 10 Thesen zum Ausgleich zwischen ARBEIT UND LEBEN
WORK-LIFE-BALANCE 4.0 ist … Was für eine Balance oder einen Ausgleich suchen wir eigentlich? Wovon erholen wir uns im privaten Leben und wovon genau wollen wir Abstand im beruflichen Alltag gewinnen? Eine genaue Abgrenzung scheint immer schwieriger, wer schafft es schon, alle beruflichen und privaten Dinge konsequent zu trennen? Die einen legen einen gesteigerten Wert darauf, den anderen ist das egal. Ein Unternehmer wird immer Unternehmer bleiben, egal ob er auf dem Golfplatz sein Handicap verbessern möchte, in Werkstatt oder Büro unterwegs ist, oder eben auch mal Urlaub macht. Trifft das auf den Mitarbeiter im Unternehmen auch zu? Angeblich sind immer mehr Mitarbeiter auch in der freien Zeit oder im Urlaub erreichbar. Was wollen wir also wirklich ausbalancieren?
Lösungen müssen her, Stress muss runter, Leistung noch gesteigert werden, die Qualität muss gleich bleiben oder sich noch verbessern, die Menschen sind gut oder böse (X-oder-Y-Theorie) Leben ist nicht Arbeiten und umgekehrt. Es wimmelt von Verbrauchern, Märkte finden etwas gut oder schlecht. Arbeit 4.0 und Work-Life-Balance 4.0 in 2016 hat nicht nur mit Digitalisierung oder den Folgen von Globalisierung und demografischer Entwicklung zu tun. Vielmehr braucht es den Fokus auf grundlegende Fähigkeiten. Das Smartphone trifft noch keine Entscheidungen, jedenfalls sollte es das nicht! Doch darauf kommt es an, täglich, auf Arbeit und nicht auf Arbeit.
Von der Maloche bis zum Traumjob … „Work“ kann so vieles bedeuten – „Leben“ aber auch! Ein paar provokante Thesen zum Thema der „Vereinbarkeit von Arbeit und Leben“.
Balance zwischen Arbeit und Leben notwendig? Auch in Leipzig!
These 1 – Freizeit allein ist mitnichten ein Ausgleich zur Arbeit
Erfolgreiche Menschen haben auch viel beschäftigte Familien. Die Kinder beginnen im Kindergarten mit der Frühförderung und lernen Sprachen, die Musikschule möchte unter der Woche auch regelmäßig besucht werden und das eigene Hobby sollte vielleicht auch nicht zu kurz kommen. Groß betrachtet erwartet eine ganze Industrie, die Freizeitindustrie, dass wir unsere freie Zeit mit ihr verbringen. Ist es das Leben, in das wir uns als Ausgleich zur Arbeit zurückziehen sollen? Ich denke nein.
These 2 – Falsch verstandene Übersetzung? Nein, falsche Anwendung eines sinnvollen Ansatzes
Arbeit und Leben ausbalancieren, an der wortwörtlichen Übersetzung kann man eigentlich kaum etwas falsch verstehen. Die Aufforderung Work-Life-Balance zu befördern, ob im Unternehmen oder im Rest des Lebens, scheint mir hier eindeutig. Aber das ist der falsche Weg. Es bringt weder einen wirtschaftlichen Nutzen, noch steigert es die allgemeine Befindlichkeit oder Gesundheit wenn wir zwischen dem Privatleben und dem Berufsleben trennen, um so zwischen beiden einen Ausgleich herbeizuführen. Der Mensch kann nur mit seinem ganzen Leben in verschiedenen Rollen verstanden werden. Genauso wenig, wie es tatsächlich die Verbraucher oder die Märkte gibt, existieren Leben und Arbeiten getrennt voneinander! Einen Ausgleich zwischen beiden Entitäten kann es daher unmöglich geben. Eine der fatalsten Auswirkungen dieser Denkweise ist der Versuch, einer als Belastung empfundenen „Arbeitswelt“ eine als Entlastung und vermeintlich erholsame andere „Lebenswelt“ quasi gegenüber zu stellen. Hier schwingt die Hoffnung mit, dass wir so unser Energiedefizit, was wir im Beruf ausgeben, im Leben wieder aufladen. Alle bisherigen Erkenntnisse rund um Burnout und der stetigen Zunahme von Ausfallzeiten aufgrund psychischer Ursachen sprechen dazu eine völlig andere Sprache.
These 3 – Das Leben auf Arbeit muss genauso lebensfreundlich gestaltet werden, wie das Leben zu Hause
Es geht dabei nicht um Bequemlichkeit oder Komfort sondern darum, dass man gestalten kann! Ein Mensch, der Wirksamkeit in seiner Handlungsreichweite empfindet und nutzt, kann so zu einem Wohlgefühl kommen, das sich aus innerer Sicherheit, intrinsischer Motivation und Feedback vom System her nährt. Bitte, das ist nicht mit Zufriedenheit und Rückzug in die Komfortzone zu verwechseln. Man könnte sagen, das Leben im Leistungsprozess muss genauso lebenswert gestaltet werden, wie andere Lebenszeiten.
These 4 – Die innere Energiewende – es braucht noch eine ganz andere Energiewende, als die bisher öffentlich diskutierte!
Wofür geben wir unsere Lebensenergie aus? Was bekommt Priorität? Wenn alles wichtig, wird nichts wirklich gelebt. Die Reize und Ablenkungen im Alltag sind erheblich. Ein Außen lenkt uns vom eigenen Inneren ab. Der Reizhunger will gestillt sein. Bemerken wir hier ein Ausbrennen oder eine Leere, weil die tollen Außenreize im Inneren nichts mehr bewirken, ist es meist schon zu spät. Wir leben über unsere energetischen Verhältnisse, das ist nicht nur beim Stromverbrauch möglich, sondern und gerade auch beim täglichen Leben und Leisten.
These 5 – Leben auf Arbeit bindet Mitarbeiter
Dort wo wir uns wohlfühlen, verbringen wir gern Zeit, ein Zusammenhang der kaum wissenschaftlich überprüft werden muss. Die Herzbergsche Motivationstheorie (Zwei-Faktoren-Theodrie), nach der es Motivations- und Hygienefaktroen gibt, kann hier als Modell ganz hilfreich sein. Die ersteren Faktoren würden Menschen bewegen und motivieren, die Hygienefaktoren würden demotivieren, wenn sie wegfallen. Leider ist das eine der am meisten missverstandenen Ideen. Es reicht eben nicht, nur ein tolles Leben zu organisieren, mit Obstkorb, Kaffeeecke oder was auch immer zur Work-Life-Balance im Unternehmen dazu gedacht und getan wird, das wird rasch zur selbstverständlichen Normalität (wie übrigens Gehaltserhöhungen auch). Der Unternehmer ist dann schnell enttäuscht, wenn seine gut gedachten Maßnahmen nach kurzer Zeit eben keine Wirkungen mehr zeigen. Doch was bindet dann Mitarbeiter, wenn es nicht der Obstkorb oder das Gehalt ist? Solche Faktoren wie Führungs-, Fehler- oder Unternehmenskultur als großer Begriff sind an dieser Stelle hilfreich. Das sind täglich erlebte Einflüsse! Eine Familie, die sich das Leben schwer macht, wird auch von manchem Mitglied der Familie verlassen, auch wenn das Essen täglich herausragend ist.
These 6 – Die Verantwortung für ein gelingendes 24-Stunden-Leben, 365 Tage im Jahr, liegt sowohl beim Unternehmer als auch beim Mitarbeiter und bei der Führungskraft, sie liegt beim Menschen
Wenn sich nicht alle Menschen im Unternehmen der Tatsache bewusst werden, dass sie unter Umständen einen großen Teil ihres Lebens eben arbeitend oder leistend verbringen, dann klappt auch die Gestaltung von Leben im Alltag nicht. Haben Sie schon mal gefragt, woher die Motivation kommt, am Frühstückstisch an seinem Platz gern die Dinge zurecht zu rücken? Das Wohlgefühl, dass dann „alles“ passt kennen glaube ich viele. Belastung und Entlastung und auch Entspannung werden individuell empfunden und müssen nach verschieden Aspekten gestaltet und organisiert werden.
These 7 – Leben auf Arbeit gestalten heißt, Leistung und Leistungsfähigkeit zu gestalten
Ein Frauenruheraum ist eine Sache, seinen Arbeitsplatz und seine eigenen Prozesse gut gestalten zu können, eine völlig andere. Der Obstkorb in Greifweite ist nett und wichtig, aber welchen Einfluss spüren die Menschen im Unternehmen auf wichtige Prozesse, die vielleicht optimiert werden wollen, Entscheidungen, die man kaum nachvollziehen kann oder auf hervorragende Leistung, die keiner bemerkt und lobt? Selten geht der Mitarbeiter zum Chef und bemerkt, dass es an der Zeit wäre, wieder mal gelobt zu werden.
These 8 – Räume für Sinnerleben schaffen
Sinnvolle Tätigkeit hat eigentlich wenig mit Arbeit zu tun, um genau zu sein gar nichts! Wer Sinn im Leben, seinem Tun oder seiner Tätigkeit erkennt, wird kaum auf die Idee kommen, das Wort Arbeit als Gegensatz zu dem Rest seines Lebens zu verstehen. Wenn ich mir aber keinen Reim machen kann, wenn es mir nicht gelingt Sinn in dem zu erkennen, was ich tue oder tun soll, dann ist dieser Mensch längste Zeit Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen gewesen. Wenn ich mich Montags zur „Maloche“ schleppe, dann ist meine Motivation kaum von Dauer und wird auch nicht durch die Unterbrechung am Wochenende oder den Urlaub kompensiert.
These 9 – Reflexion des eigenen Verhaltens muss an Bedeutung gewinnen
Die vorherigen Gedanken und Thesen führen mich zwangsläufig zu dem Punkt der Selbstreflexion. Wenn ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen in Unternehmen oder Organisationen einfach so arbeitet, weil der Markt oder der Kunde das so vorgibt, dann ist die Bindung zum Unternehmen klein und die Sehnsucht nach anderen Lebensinhalten groß. Sich und sein Tun zu reflektieren muss eine Kompetenz im Leben werden und so natürlich auch auf Arbeit.
These 10 – Echte Bedürfnisse von Wünschen trennen
Wenn der Tag für die Erfüllung aller Wünsche und Bedürfnisse nicht ausreicht, dann muss man halt die Nacht noch mit dazu nehmen! So ähnlich riet es mir mal ein Lehrer, als es um Prüfungsvorbereitungen ging. Er meinte das natürlich scherzhaft, aber aus seinen Worten sprach viel Weisheit. Alles immer und sofort, habe ich mich richtig entschieden das oder das jetzt zu tun oder wäre es besser noch zu warten? Impulse aus allen Richtungen wollen oder sollen zu Wünschen und so zu Bedürfnissen werden. Eine Entwicklung die zwangsläufig in Überbelastung enden muss. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, gilt nicht nur für Unternehmer oder Führungskräfte, sondern für jeden Menschen. Zu lernen wie das geht, ist gar nicht so einfach. Trotzdem sollte jeder Mensch danach streben hier täglich kompetenter zu werden.
Leben auf Arbeit gestalten heißt Leistung sinnvoll gestalten
Fazit
Es kommt viel mehr darauf an, dass der einzelne Mensch über sein sinnvolles Leben nachdenkt und sein Leben gemeinsam mit anderen gut gestaltet. Das ist im Unternehmen nicht anders als im Privaten. Es gibt Faktoren, deren Einhaltung das gut gelingen lässt, allerdings die Nichtbeachtung im Negativen genauso wirksam ist.
Dieser Beitrag ist im Rahmen der Blog-Parade „Work-Life-Balance4.0“ entstanden.
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