Leipzig – Kunst, Marketing und vertikale Gärten
Leipzig – Kunst, Marketing und vertikale Gärten. Es steht außer Frage, unsere Gesellschaft ist im Wandel, wahrlich eine Binsenweisheit! Auf der einen Seite erreichen Zeitschriften mit dem romantischen Blick der Lust aufs Land selbst im digitalen Zeitalter Traumauflagen, auf der anderen Seite verschlingt ein Moloch aus Daten- und Reizüberflutung sowie gefühlter Stahl-, Glas und Betonstadtwüste jede Hoffnung auf die Sekunde individueller Anerkennung vom eigenen Sosein, nach der sich so viele Menschen sehen, zu jeder Zeit und in jeder Art von gesellschaftlichem Wandel.
Um so interessanter, wenn sich Kunst und Wirtschaft treffen, um gemeinsam den Blick auf unsere Zeit zu schärfen. So geschehen in den Räumen der Creditreform in Leipzig. Die Leipziger Künstlerin Carolin Okon stellt in diesem Jahr einen Teil ihrer Werke in den Räumen des Unternehmens aus.
Sven Lehmann (SL) hatte Gelegenheit, Carolin Okon (CO) einige Fragen zur Ausstellung und ihren Werken zu stellen.
SL: Hallo Frau Okon, ich habe auf Ihrer Website gelesen, dass Sie bereits in Paris und London ausgestellt haben. Nun ist Leipzig mit diesen Städten schwer vergleichbar, trotzdem die Frage: Was unterscheidet eine Ausstellung Ihrer Werke im heimischen Leipzig von der in einer solchen Metropole?
CO: Schon allein um vertraute Gesichter zu sehen, ist es immer wieder schön in der Heimat auszustellen. Mit Paris ging ein großer Traum für mich in Erfüllung, dessen ich mir so nicht bewusst war. Denn danach war ich für eine lange Zeit planlos und wusste nicht, welch schönen Ausstellungsort ich als nächstes wählen soll. Das Erreichen von Zielen kann auch eine Leere hinterlassen.
SL: Was hat Sie dann dazu bewogen, gerade hier bei der Creditreform am Hahnekamm 1 in Leipzig auszustellen?
CO: Menschen die strahlen und Begeisterung zeigen können, fallen auf. So war es schlicht eine Frage der Sympathie. Einladend waren auch diese vielen weißen Wände.
SL: Suchen Sie direkt die Nähe zur Wirtschaft, immerhin ist Kunst auch nicht nur von Luft und Liebe lebensfähig? Schließlich sind wir hier im Streuverluste-Blog dem Marketing sehr verbunden, gestatten Sie mir daher die provokante Frage: Wie wichtig ist Ihnen die Höhe des Bankkontos Ihrer Gesprächspartner?
CO: Ich stelle gerne dort aus, wo sich Menschen ohnehin bewegen und ohne Hemmung Schwellen übertreten. Die Höhe des Bankkontos? Immer wieder werde ich gefragt: „Kann man davon leben?“ Würde ich die Gegenfrage stellen: „Wie hoch ist ihr Kontostand?“, wäre das Gespräch sicher schnell beendet. Das würde mich vielleicht auch vor dem Phänomen der Gaukelei bewahren. So oft wird mir ein Kaufinteresse vorgegaukelt. In dem Moment reduziert mich mein Gegenüber auf nur ein Thema. Geld. Dann würde ich doch lieber über das Wetter reden, wenn man mir nicht die Fragen stellen kann, wofür ich lebe.
SL: Man könnte also sagen, dass die persönliche Beziehung und letztlich reichlich viel Platz auf weißen Wänden die Hauptgründe für Ihre Ausstellung in den Büros der Creditreform sind? Wie haben Gäste und Mitarbeiter auf Ihre Ausstellung reagiert?
CO: Bei einer Vernissage möchte ich mich immer mit allen Gästen unterhalten. Das war in der Creditreform eine sportliche Herausforderung, da sich die Ausstellung auf 3 Etagen verteilt. Gefühlt war ich überall und nirgends. Und kann die Frage nicht wirklich beantworten. Doch am meisten habe ich mich über die Jugend gefreut, die ohne Scheu diese Räumlichkeiten betrat und sich intensiv mit meinen Arbeiten beschäftigte.
SL: Technik, Architektur und Lebensgefühl der 50 Jahre sind zentrale Motive in den Bildern der Ausstellung. Was hat es damit auf sich?
CO: Wenn in Leipzig etwas präsent ist, dann sind es Baustellen. Sicher entspricht die aktuelle Architektur allen Anforderungen des Umweltschutzes, doch sind die meisten (neuen) Häuser – für mein Empfinden – das optisches Zeichen einer Kälte der Gegenwart. Wenn dann noch ein Architekt in einem Interview zu der Frage nach vertikalen Gärten sagt – GRÜN gehört in den Garten und nicht ans Haus – wäre ein Blick in die Zukunft beängstigend. In Palm Springs hat man schon in den 40er Jahren einen Baum oder Palme nicht gefällt, sondern um diese herum gebaut. Sprich die Natur integriert. In Leipzig reichen 3 Bäume (auf einem Nachbargrundstück) als Begründung einer Mieterhöhung.
Höher, schneller, weiter. In unserer Zeit muss alles schnell gehen und billig sein. Kunst braucht tatsächlich Zeit und der Blick in die Vergangenheit ist für mich eine Form der Entschleunigung.
Doch was in meinen früheren Gemälden nur Liebhaberei – ausgedrückt in malerischer Zeitreisen – war, verstärke ich in meinen aktuellen Gemälden als Wunsch oder Kritik an die Gegenwart. Ohne dabei selbst durch negative Spiegelungen zu versumpfen.
SL: Jetzt bin ich natürlich neugierig: Verraten Sie uns, was, wo und wann Sie als nächsten ausstellen werden?
CO: Aktuell nehme ich mir Zeit für ein WAS und nicht WO ich ausstelle. Meine neusten Arbeiten halte ich noch zurück, um eine „runde“ Ausstellung vorzubereiten. Dafür kann schnell ein Jahr vergehen. Doch ich bin immer offen für interessante Räume.
Frau Okon – lieben Dank für das Gespräch und Ihre Zeit!
Die Ausstellung in der Creditreform Leipzig Niedenzu KG kann mit Voranmeldung besucht werden. Vielleicht haben Sie ja Glück und der Hausherr selbst gewährt Ihnen Einblick in die Räume, deren weiße Wände jetzt eine Geschichte erzählen, die scheinbar lange zurückliegt … oder auch nicht!
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Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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