Autohaus – Servicewüste voller Kaffeestürme
Autohaus oder warum die Servicewüste voller Kaffeestürme ist. Neulich zwang mich eine Nachlässigkeit anderer Autoexperten in die Notlage, ein mir völlig unbekanntes Autohaus aufzusuchen, um dort eine notwendige Reparatur zu veranlassen. Was an sich ja keine besondere (Service-)Herausforderung sein sollte, jedenfalls nicht im 21. Jahrhundert. Doch ich sollte schnell eines Schlechteren belehrt werden. Es ist wohl nichts schlimmer, als Menschen in einem Unternehmen, die Service zwar meinen, aber Kaffeestürme erzeugen!
Doch was genau ist geschehen? Alles begann mit einem Telefonanruf. Der Hergang hätte mir schon zu denken geben sollen: Ich bat in einem Telefonat um 17.00 Uhr an einem Werktag um einen Werkstatttermin, indem ich mein „Problem“ schilderte. Die DAME(1) am anderen Ende meinte es tue ihr wirklich leid, aber in der Werkstatt ist keiner mehr da und sie könnte nicht in Erfahrung bringen, ob da in Kürze ein Werkstatttermin frei wäre. Ich sollte am nächsten Tag wieder anrufen. Am nächsten Tag rufe ich wie besprochen an, natürlich ist eine andere Dame(2) dran, der ich wieder alles erklären muss.
Das Servicegespräch im Einzelnen am Morgen gegen 10.00 Uhr:
- Dame(2): Ja, da kann ich nicht weiterhelfen und einen so kurzfristigen Termin kann ich ihnen auch nicht geben, da ich nicht weiß, wie lange diese Reparatur dauert, sie müssen mit dem Werkstattmeister sprechen.
- Ich: Können sie mich mit ihm verbinden?
- Dame(2): Nein, der ist jetzt in der Werkstatt. Rufen sie um 12.00 Uhr wieder an.
- Ich: Aha, danke.
Das Servicegespräch gegen 12.00 Uhr:
- Werkstattmeister: Ja, da müssen wir kurzfristig einen Termin machen, das wird aber sehr teuer!
- Ich: Können sie mir einen Termin sagen?
- Werkstattmeister: Nein, das machen die MÄDELS am Tresen.
- Ich (werde ungehalten): AHA, können sie mich verbinden?
- Werkstattmeister: Ja, natürlich.
- Dame(1): Ja, aha, ja sie von gestern, ich erinnere mich. Ach sie wollen einen Werkstatttermin, das hätten sie doch sagen müssen!
- Ich: Nun lassen sie uns jetzt einen vereinbaren.
- Dame(1): Ja, dann am Montag um 14.00 Uhr.
- Ich: Vielen Dank, können sie mir auch einen Werkstattersatzwagen zur Verfügung stellen?
- Dame(1): Nein, einen Werkstattersatzwagen haben wir nicht.
- Ich: Aha, vielen Dank.
Erster Tag in der Werkstatt, im „zweiten Autohaus am Platze“:
Ich betrete das zweite Autohaus am Platze in einer großen Kreisstadt in Nordsachsen. Es ist wie alle Autohäuser, unpersönlich, nichtssagend, technisch und nach Gummi riechend. Ich schlängle mich an Autos vorbei zum Tresen. Ein einzelner Mann begrüßt mich.
- Ich: Guten Tag, Sven Lehmann von SL | Marketing & Management, ich habe einen Termin. Zusätzlich bitte ich sie, die Batterie von der Fernbedienung der Standheizung zu erneuern.
- Servicemann: Ja guten Tag, ich weiß, liegt schon alles hier. Das mit der Batterie habe ich mit dazugeschrieben. Möchten sie Kaffee während sie warten?
- Ich: Nein vielen Dank, ich mag keinen Kaffee, außerdem hole ich das Auto erst morgen ab, da ich nicht warten kann, das hatte ich gestern mit ihrer Dame(1) so vereinbart.
- Servicemann: Aha und wie kommen sie wieder in ihr Büro, ein Werkstattwagen ist nicht gebucht?
- Ich: Ihre Dame(1) meinte, sie hätten keinen Werkstattersatzwagen! Mein Taxi steht draußen.
Der Servicemann, der sich in einem weiteren Nebensatz als „nur der Autoverkäufer“ entpuppte, ist sprachlos und ich verabschiede mich mit einem unangenehmen Gefühl.
Zweiter Tag in der Autowerkstatt, im schönen „zweiten Autohaus am Platze in der Stadt“:
Es ist 10.00 Uhr, es ist minus zwei Grad Celsius kalt, ich komme mit dem perfekt pünktlichen Taxi am tollen Autohaus an und sehe schon mein Auto zwar zugefroren aber fertig auf dem Parkplatz stehen. Ich freue mich und das komische Gefühl von gestern ist weg. Leider zu früh gefreut.
- Ich: Guten Tag, ich möchte mein Auto holen.
- Dame(1): Ja guten Tag, es ist alles fertig, auch die Batterie der Fernbedienung der Standheizung haben wir erneuert, wie möchten sie zahlen?
- Ich: Ich zahle in bar.
- Dame(1) zu Werkstattmann(1): Können sie bitte das Auto von Herrn Lehmann enteisen?
- Werkstattmann(1) zu Werkstattmann(2): Herr X, kommen sie bitte mit und bringen sie das Enteisungsspray mit.
- Ich und die zwei Werkstattmänner gehen zum Auto.
- Werkstattmann(1) zu mir: Hätte ich gewusst, dass ihr Auto eine Standheizung hat, wäre es natürlich warm gewesen.
- Ich: Schaue den Werkstattmann(1) nur fragend an.
Ich beobachte, wie zwei Männer dieser tollen Werkstatt mein Auto einsprühen und zwar die Front- und Heckscheibe sowie die Scheibe der Fahrer- und der Beifahrertür. Nachdem sie die Scheiben eingesprüht haben, verabschieden sie sich und wünschen mir eine gute Fahrt. Das Enteisungsmittel läuft jetzt auf besagten Scheiben langsam runter, die Schreiben sind nun dreckig, verschmiert und mein Auto war vorher in der Autowäsche(!), jetzt ist es ringsum dreckig. Mein ungutes Gefühl ist ganz plötzlich wieder präsent. Ich starte und stelle fest, dass der Fehler, wegen dem der Wagen in die Werkstatt musste, immer noch angezeigt wird. Ich schalte das Auto ab und gehe wieder in das tolle Autohaus.
- Ich: Die ursprüngliche Fehlermeldung ist immer noch da.
- Dame(1): Aha, Moment bitte, ich spreche mit dem Werkstattmeister. Sie telefoniert. … Können sie bitte das Auto auf die andere Seite des Autohauses fahren?
- Ich: Ja natürlich.
- Werkstattmeister: Ja, da müssen wir wohl das Auto noch mal in die Werkstatt nehmen.
- Ich: Wie lange wird das dauern?
- Werkstattmeister: Ich schätze circa 20 Minuten.
- Ich: Aha. Gebe ihm die Autoschlüssel und gehe wieder auf die andere Seite des tollen Autohauses, setzte mich mit entsprechender Körpersprache auf eine Sitzgruppe und informiere meinen nachfolgenden Termin über die Verspätung.
- Dame(1): Möchten sie einen Kaffee solange sie warten?
- Ich: Nein, ich vertrage keinen Kaffee!
- Dame(1): Reagiert jetzt auf meine Gesichtsentgleisung und zieht es vor, mich nicht mehr zu beachten.
Nach 30 Minuten ist das Auto endlich fertig, angeblich hat der Computer des Autos die Fehlermeldung nicht richtig gelöscht. AAAHa!
Die Gespräche sind ein wenig gekürzt, es gab während der zwei Tage „Erleben im tollen Autohaus mit Servicewüste und Kaffeesturm“ dreimal die Frage, ob ich, während meines Wartens, denn nun einen Kaffee möchte, ich habe dreimal NEIN gesagt.
Checkliste Serviceempfehlungen für das zweite Autohaus am Platz in der Weltkleinstadt
- Die seelenlose Frage: Möchten Sie einen Kaffee, während Sie warten?
- Kennen Sie das: Ein Mensch stellt eine Frage und Sie haben sofort das Gefühl, dass dieser Mensch diese Frage mindestens schon 20 Jahre genauso absichtslos automatisch stellt wie gerade eben? Das Serviceseminar für Autohäuser dieser Automarke muss sehr überzeugend gewesen sein, leider ist die zu einfache Formel eben nur nach Kaffee zu fragen, im 21. Jahrhundert kein Garant mehr dafür, auch morgen noch das zweite schöne Autohaus am Platze zu sein. Auf die Idee mich nach einem anderen Getränkewunsch zu fragen, ist keiner vom Superservicepersonal gekommen. Es war deutlich zu merken, dass es KEINE Idee bei allen Kaffeesturmerzeugern dieses Autohauses gab, wie man denn damit umgehen sollte, wenn jemand keinen Kaffee möchte!
- Körpersprache und die Erkenntnis daraus, welchen StellenWERT ein Kunde (Mensch) hier hat
- Die nicht geplanten Wartezeiten gaben mir Gelegenheit, das Treiben des Servicepersonals näher zu beobachten. Mir fällt auf, dass Menschen, die zum Tresen vorbei an den tollen Autos gehen, sich nicht gern hinsetzen, mir ging das ähnlich, von weitem betrachtet erkenne ich genau woran das liegt: Man sitzt auf den KUNDENSTÜHLEN so niedrig hinter dem überdimensionalen Tisch des Servicecenters dieses Autohauses, dass man sich automatisch sehr klein vorkommt. Der Stuhl von Dame(1) ist übrigens so hoch (eingestellt), dass sie IMMER zu dem jeweiligen Menschen vor ihr nach unten schaut.
- Die Sache mit der Enteisung des Autos
- Es wäre ein Leichtes gewesen, mir die Frage zu stellen, ob ich überhaupt möchte, dass mein Auto mit Enteisungsspray enteist wird! Das hat aber keiner des tollen Servicepersonals getan. Man hat ein Programm ablaufen lassen, dass sich irgendein selbsternannter Serviceidiot für zweite Autohäuser am Platze hat einfallen lassen. So etwas ist kein Service, das ist übergriffig und eine Frechheit! Hätte man mich Kunden gefragt, hätte man Schaden vermieden und Zeit gespart.
- Die Sache mit dem angeblich nicht vorhandenen Werkstattersatzwagen
- Im Nachhinein die Glaubwürdigkeit einer Daseinsberechtigung im Servicehimmel gänzlich verspielt hat das
tolle Autohaus mit all den tollen aber überflüssigen Servicebemühungen allerdings mit der Geschichte um den Werkstattersatzwagen. So mit NICHTSTAMMKUNDEN umzugehen ist ebenso eine Frechheit.
Fazit rund um Servicewüste mit Kaffeestürmen
Ich warte noch auf den Serviceanruf einer desinteressierten Telefonistin eines Anrufzentrums mit dem überflüssigen Fragenkatalog, wie ich denn nun mit dem Service des zweiten tollen Autohauses am Platze zufrieden sei, ich werde sicher einfach den Hörer wieder auflegen und so furchtbar unhöflich wirken.
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Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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