Weiterbildung und Fachkräftesicherung, denn Recruiting ist nicht alles
Es wird kaum einfacher, aber vielleicht lässt der eine oder andere Blick in bisher wenig beleuchtete Faktoren zur Fachkräftesicherung das Gruseln vor der Zukunft der Gewinnung von Leistungsträgern gerade in KMU nicht ganz so heftig ausfallen. Recruiting ist für viele meiner Beratungskollegen ein Zauberwort, das neben dem Schlachtruf von Work-Life-Balance und zahlreichen anderen „tollen“ Ideen zur Fachkräftesicherung immer mehr die Runde macht.
Eine Frage drängt sich dabei aus zwei Perspektiven des Mangels an passenden und motivierten Menschen in Leitungsprozessen unmittelbar auf: Woher nehmen, wenn es doch keine Bewerber und Nachwuchs in einer bestimmten Branche oder einer unattraktiven Arbeitsgegend gibt? Welche Rolle spielt die Weiterbildung bei der Fachkräftesicherung?
Das Thema Weiterbildung, sowohl für den Einzelnen als auch für Organisationen und Unternehmen, war und ist von hoher Bedeutung für die Fachkräftesicherung. Es ist auch aktuell nicht zu erkennen, dass die Bedeutung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens in diesem Kontext zukünftig weniger werden könnte. Zahlreiche Faktoren, allen voran die Digitalisierung, sind klare Treiber der Notwendigkeit zur Weiterbildung und zum Lernen auch im Erwachsenenalter. Neu ist diese Erkenntnis allerdings überhaupt nicht, nur das Vorzeichen hat sich in den letzten 20 Jahren geändert.
Die im Feld der Weiterbildung im Mitteldeutschen Revier tätigen Akteure, beispielsweise die Kammern, die Bundesagentur für Arbeit, die Bildungsträger, sind sich einig, dass das Thema in Zukunft an Bedeutung gewinnen muss. Bei den Adressaten, etwa bei Unternehmen und erwerbsfähigen Personen, ist die Notwendigkeit von Weiterbildung hingegen bisher weniger präsent. „Ein Grund hierfür liegt in der Struktur der mitteldeutschen Wirtschaft. Sie ist durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt, denen es häufig an vorausschauenden Personalentwicklungsstrategien fehlt. Viele Unternehmen haben in erster Linie kurzfristige Bedarfe im Blick und können Arbeitskräfte nicht für längere Zeit freistellen“, erklärt Dr. Stefan Haunstein, Autor der Studie. „Außerdem ist es gerade der Fachkräftemangel, der die Motivation bremst, zeitaufwendige Weiterbildungen in Anspruch zu nehmen: Selbst mit geringen Qualifikationen finden erwerbsfähige Personen aktuell schnell neue Arbeit“, so Dr. Haunstein.Aus der Pressemitteilung „Weiterbildung – ein wichtiger Baustein der Fachkräftesicherung“ des Netzwerkbüros Bildung im Strukturwandel in Mitteldeutschland – BiSMit, 14. März 2023
Weiterbildung ist Fachkraftsicherung
Die schon seit Jahrzehnten erdachte und geforderte Freiheit zur Weiterbildung in Leistungsprozessen ist in den letzten Jahren durchaus ein Stück größer geworden. Oft stehen aber tägliche Erfordernisse oder schlicht zu viele Aufgaben in kurzer Zeit einer durchdachten und sinnvollen Weiterbildungsstrategie im Wege. Wenn bestimmte Weiterbildungen nicht explizit gesetzlich oder durch andere Regelwerke vorgeschrieben sind, braucht es schon eine große innere Motivation des Einzelnen, an einem attraktiven Weiterbildungsthema dranzubleiben, auch und gerade über eine längere Zeit. Klar ist auch, Weiterbildung ist Fachkräftesicherung für zwei Seiten, Unternehmen und Mitarbeiter haben viel davon. Eine kurzfristige Abfrage des Lerntransfers ist allerdings für die Nutzeneinschätzung meist nicht geeignet, auch wenn wir gern mit unseren Maßnahmen auf den allgemeinen ROI einzahlen möchten.
Es herrscht weitgehend Konsens, dass Weiterbildung an Bedeutung gewinnen muss, um zukünftige Fachkräftebedarfe zu decken. Berufsbezogene Weiterbildung im Strukturwandel, Netzwerkbüro Bildung im Strukturwandel in Mitteldeutschland – BiSMit, Deutsches Jugendinstitut e. V., März 2023, Seite 17
Das Netzwerkbüro Bildung im Strukturwandel in Mitteldeutschland stellt in seiner aktuellen Pressemitteilung eine Studie zur berufsbezogenen Weiterbildung im Strukturwandel vor. Dazu wird es eine Online-Präsentation am 29. März geben. Die Studie kann man kostenfrei Herunterladen, sie bietet einen ausgezeichneten Überblick über den teilweise wackeligen Zustand der Weiterbildungsbrache, wenn man diesen Wirtschaftsbereich so nennen möchte. Wobei zu beobachten ist, dass auch in diesem oft heiß umkämpften Markt massive Konzentrationsprozesse zu verzeichnen sind, deren Ursprünge schon seit Beginn der 2000er Jahre sichtbar sind.
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Hier schreibt der Unternehmensberater, Coach und Organisationsentwickler, mit viel Lust auf Marketing und Vertrieb. Ich bin auch Vortragsredner, Workshopleiter, Supervisor, Unternehmer seit 1991, Leipzig-, Eilenburg- und Berlin-Versteher sowie deutschsprachig weit unterwegs, von Herzen Nordsachse, Optimist in den meisten Fällen, Blogger, Fotograf, Trainer, auch Ausbilder für Autogenes Training – kurz: vielleicht auch dein Entwicklungsspezialist?
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